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Man soll nicht Mühle noch Mühlstein pfänden;
denn wer das tut, pfändet das Leben.
Mose 24, 6
Die Geschichte der Mühlen beginnt vor etwa 23.000 Jahren mit dem Zermahlen von Wildgräsern zwischen Steinen.
Verbunden mit dem Beginn des Ackerbaus durch sesshaft gewordene Nomaden vor ca. 10.000 Jahren wurde die Zerkleinerung dann zur Notwendigkeit, die auch zu dieser Zeit noch mit Hilfe von Reibsteinen geschah: auf einem flachen Bodenstein wurde mit einem zweiten, abgerundeten Stein das Getreide zerrieben.
Später wurden Mörser verwendet, in denen das Getreide zerstampft wurde. Aus diesen Mörsern entwickelten sich allmählich sog. Trog- bzw. Handmühlen, bei denen in einem gleichmäßig ausgehöhlten Bodenstein ein Drehstein mittels eines Handgriffs in drehende Bewegung versetzt wurde. Jeder Haushalt besaß so eine Mühle und sie galt bereits in den ältesten Gesetzen als unpfändbar.
Nachfolgend finden sich durch Tierkraft angetriebene Mühlen. Der Dreh- oder Läuferstein wurde mit einer Deichsel ausgerüstet und in einem immerwährenden Kreislauf dreht das Tier den Läuferstein auf dem Bodenstein und zermahlt dabei das Getreide zwischen den beiden Steinen. Anstelle der Tiere wurden vielfach auch Menschen für diese Arbeit eingesetzt.
Die nächste Stufe in der Entwicklung der Mühlentechnik stellt die Erfindung des Wasserrades dar. Rund 3000 Jahre v. Chr. legten die Sumerer im Zweistromland Mesopotamien Felder mit Bewässerungsgräben an. Treträder zum Schöpfen von Wasser auf die Felder waren bereits 1200 v. Chr. dort bekannt. Aus diesen Tretmühlen wurde, wahrscheinlich um etwa 500 vor Christus, ein durch Wasserkraft angetriebenes Wasserschöpfrad entwickelt, die sog. "Noria". Damit machte sich der Mensch zum ersten Male in seiner Entwicklungsgeschichte die Naturkraft zunutze.
Der römische Schriftsteller, Ingenieur und Architekt Marcus Vitruvius Pollio, Vitruv genannt (ca. 70–10 v Chr.) beschrieb den Funktionsmechanismus einer "molina", in dem er ein Wasserrad mit zwei übereinander liegenden runden Mahlsteinen verband und konstruierte so die Grundform der uns bekannten Wassermühle, die bis ins 19. Jh. in ganz Europa verwendet wurde. Damit konnte anstelle der Muskelkraft von Tier und Mensch, die Kraft des Wassers, die um ein Vielfaches höher war, genutzt werden.
Im 4. Jahrhundert brachten die Römer Wasser- und Schiffsmühlen an die Nebenflüsse von Mosel und Rhein. Und damit trat dieser Meilenstein der Technikgeschichte seinen Siegeszug als damalige "High Technology" durch ganz Europa an.
Darüber, wo und wann die ersten Windmühlen in Europa entstanden, gibt es verschiedene Theorien. Die eine besagt, dass die Mauren die Technik nach Spanien mitbrachten, von wo aus sie sich über ganz Europa ausbreitete. Immerhin stammt der erste Bericht darüber aus Spanien: Miguel de Cervantes beschreibt in seinem 1605 erschienenen Roman "El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha" vom legendären Kampf seines Helden gegen Windmühlen. Häufiger findet sich jedoch die Theorie, dass im Mittelalter Ritter auf ihren Kreuzzügen in Persien Windmühlen sahen und das Konzept anschließend in ihre Heimat exportierten.
Eine sehr lange Zeit war die Mühle in Europa die Universalmaschine, ohne die sprichwörtlich nichts ging. Diese für damalige Verhältnisse riesige Energie bewirkte eine Fülle von innovativen technischen Erfindungen. Durch die Antriebskraft ließ sich nahezu jedes Werkzeug bedienen, das durch eine Dreh- oder Schlagbewegung angetrieben wurde. Nicht nur Getreidemühlen entstanden. Inzwischen kennt die Mühlenforschung über 160 technische Anwendungen, die sich von der Mühlentechnologie ableiten lassen. Es entstanden Sägemühlen, Bohrmühlen, Schleifmühlen, Dreschmühlen, Hammermühlen, Wasserschöpfmühlen, Papiermühlen, Knochenmühlen, Kreidemühlen, Gipsmühlen, Buttermühlen, Senfmühlen, Ölmühlen, Kräutermühlen...
Diese Anwendungsvielfalt hat in der englischen Sprache seinen Niederschlag gefunden, in der mit dem Begriff „Mill“ nicht einfach die „Mühle“, sondern die „Fabrik“ schlechthin gemeint ist.
Jahrtausendelang wurde Getreide mittels Steinen zu Mehl gemahlen. Einen radikalen Wandel erfuhr diese Technik
dann allerdings im 19. Jhdt. durch die Erfindung des Walzenstuhles. Der sprunghaft angestiegene Brotbedarf in den Großstädten und die absehbare völlige Ausbeutung der wenigen geeigneten Steinbrüche ließ eine andere, wirtschaftlich bessere Mahltechnik immer notwendiger erscheinen...und brachte die Steinmüllerei damit innerhalb weniger Jahrzehnte fast zum Erliegen.
Das endgültige Ende der Wind- und Wassermühlen trat im Zuge der Industriellen Revolution durch die Erfindung der Dampfmaschine, des Verbrennungsmotors und des Elektromotors ein. Industrielle Großmühlen bildeten mit ihrer um ein Vielfaches größeren Ausbaukapazität eine übermächtige Konkurrenz und verdrängten mehr und mehr die kleinen klassischen Handwerksmühlen, so dass es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem „Mühlensterben“ kam.
Der Müller ist ein adlig Kind,
ihm sind gehorsam Wasser und Wind.
Die Müllerei ist eines der ältesten Gewerbe der Menschheit. Im frühen Mittelalter befanden sich die meisten Mühlen zunächst im Besitz einer Dorfgemeinschaft. Als sich Adel und Kirche aber zunehmend in den Besitz des Bodens brachten, galt: „wessen der Grund ist, dessen ist die Mühle“. Und so wurden immer mehr Einrichtungen wie Mühlen, Backöfen, Weinkelter und Brauereien von weltlichen und geistlichen Grundherren betrieben. Die aufwändige Errichtung und Instandhaltung einer Wassermühle wäre von einem einzelnen Bauern auch nicht zu leisten gewesen. Wasserrechte und Wasserbau, Gebäude und teure Mühlsteine waren dazu nötig. So wurde Getreide mahlen zum "Herrenrecht" und entwickelte sich zu einem Banngewerbe, d.h. die umliegenden Bauern waren gezwungen, ihr Korn in der Mühle der Herrschaft verarbeiten zu lassen, obwohl die meisten über ein eigenes Feld verfügten. Nur der Müller hatte jedoch das Recht, zu mahlen. Hielten sich andere nicht an diese Vorschrift und mahlten ihr Korn selbst, mussten sie mit sehr hohen Strafen rechnen. Nur in abgelegenen Tälern war es möglich, dies zu umgehen.
Die Einhaltung des Mahlzwanges wurde durch das Kerbholz überwacht. Von einem Holzscheit, der in der Mitte gespalten wurde, bekam die eine Hälfte der Mahlgast, die andere der Müller. Brachte der Bauer sein Getreide zur Mühle, so wurde für jeden Scheffel über beide Hälften Kerben geschnitten. Die Redensart „etwas auf dem Kerbholz haben“, hat sich seither erhalten.
Jeder wusste, dass man sie brauchte. Ohne Müller keine Mühle, ohne Mehl kein Brot. Trotzdem war sein Ruf nicht immer der beste. Weil er anders war. Dass sich Mühlen oft abseits der Siedlungen befanden und mitunter Tag und Nacht geräuschvoll arbeiteten, war den braven Bauern ein wenig unheimlich. Sagen von Teufels- Herrgotts- oder Hexenmühlen zeugen noch heute davon. Im übertragenen Sinn sprach man von Wundermühlen, die Gold mahlen, oder "Altweibermühlen" mit verjüngender Wirkung. Da man ohnehin nicht viel von Technik verstand, konnte es bei diesen geheimnisvollen Mechanismen nur mit dem Teufel zugehen.
Dabei war vom Geschick des Müllers, von seiner Erfahrung und dem Können das erfolgreiche Klappern der Mühle abhängig. Überall im Anwesen waren die Geräusche der Mahlgänge hör- und fühlbar: Rütteln, Schütteln, Knarren, Knirschen, Klopfen ... Schon im Voraus hörte das geübte Ohr des Müllers, wenn Unheil drohte. War zuwenig Korn in der Speisevorrichtung, ertönte eine Glocke, ließ die Qualität des Mehles nach, mussten die Mühlsteine neu bearbeitet werden. Wenn das Mühlrad sich unregelmäßig drehte, musste das Wasser reguliert werden. Über ankommendes Korn und abgeliefertes Mehl und die Kleie wurde genau Buch geführt. Ein gutes Mehl erforderte mindestens 7 Mahlgänge - 7mal wurde das gleiche Mahlgut in Säcken wieder nach oben getragen...der Müller kam somit nur selten zur Ruhe. Um diesen Pflichten uneingeschränkt nachgehen zu können, waren Müller und häufig auch die Gesellen von anderen Diensten, wie dem Kriegsdienst befreit.
Der Scheffel ist ein altes Raummaß, das zur Messung von Schüttgütern wie z. B. Getreide benutzt und deshalb auch Getreidemaß genannt wurde. Die Größe eines Scheffels schwankte jedoch nach Land und Region und war sehr unterschiedlich. So sind Maße zwischen 17,38 und 310,25 Liter dokumentiert.
In Vorarlberg entsprach 1 Scheffel Korn etwa 100 Litern.
Aus jedem Scheffel Getreide stand dem Mahlgast ein gehäufter Scheffel Mehl zu und ein viertel Scheffel Kleie. Der Lohn des Müllers war die „Metze“, der sechzehnte Teil des Getreides.
Obwohl die Bezahlung genau festgelegt war, mussten die Bauern darauf vertrauen, die richtige Menge Mehl zurückzubekommen, denn diese brachten ihr getrocknetes Korn meist ungewogen in Säcken. Nicht zuletzt auf dieses Gefühl des Ausgeliefertseins begründet sich der Ruf der Müller als unehrliche und hinterlistige Gestalt...so wie der Müller aus dem Grimm’schen Märchen „Rumpelstilzchen“, der vorgab, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen und damit das arme Mädchen beinahe dem Teufel auslieferte.
Die Müllerburschen verbrachten die drei-jährige Lehrzeit als Mitglied der Meisterfamilie in deren Haus und saßen an ihrem Tisch. Der Meister hatte dem Lehrling aber nicht nur die Kenntnisse und Fähigkeiten des Handwerks zu vermitteln, ihn zu verköstigen und zu kleiden, sondern seine gesamte Erziehung im Sinne des Handwerks zu einem „ehrlichen Gesellen“ zu überwachen. Die Belohnung erfolgte in Realien und in Geld. Nach Abschluss seiner Lehrausbildung musste jeder ehrliche Gesell eine bestimmte Anzahl von Wanderjahren ausüben, um den begehrten Titel MEISTER zu erlangen. Bei einer feierlichen Zeremonie begann für den freigesprochenen „Junggesellen“ die viel besungene Wanderzeit.
Der junge Handwerker sollte noch andere Mühlen und Meister kennen lernen, um sich in seinem Fach zu vervollkommnen. Der wandernde Mühlgesell begab sich auf die „WALZ“. Laut Generalhandwerksordnung von Kaiser Karl VI. von 1732 wurde die Wanderzeit mit 4 Jahre festgesetzt.
Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben
Wo beides nichts zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben
Friedrich Freiherr von Logau 1605 - 1655
Die Steinmühle ist ein technisches Wunderwerk – einfach aber raffiniert.
Wasser des mittlerweile unterirdisch fließenden Geldabächles, welches früher Weyherbach hieß, wird an der Rückseite des Hauses abgeleitet und in einer Art Wehr aufgestaut. Von dort fließt es in ein Gerinne und wird so auf das seitlich am Mühlhaus sitzende Wasserrad geführt. Die Schaufeln nehmen das Wasser auf, es dreht sich - im Leerlauf schneller, bei der Arbeit langsamer. Je langsamer, desto voller werden die Schaufeln und der Impuls verstärkt sich. Diese Kraftquelle treibt nicht nur die Mahlsteine an, sondern dient auch als Antrieb für den Transport des Mahlguts innerhalb der Mühle, der Sichter und Siebe und des Walzenstuhles.
Der Durchmesser des aus heimischer Eiche und Buche nachgebaute vierspeichige, „oberschlächtige“ Wasserrad misst knapp 5 Meter. Seine Breite beträgt 60 Zentimeter und durch die 26 Schaufeln, von denen jede ca. 35 Liter Wasser fassen kann, ist aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit des Wassers nur eine theoretische Gesamtleistung von ca. 2-3 KW möglich. Die waagrechte, stählerne Radwelle auf der sich das Wasserrad dreht, führt ins Innere der Mühle. Dort sitzt das 2,20 m große, mit 116 Holzzähnen bestückte Kammrad und überträgt die Kraft an ein Winkelgetriebe. Durch die Steinspindel über ein Mühleisen angetrieben, dreht sich der Mahlstein - das Herzstück der Mühle.
Neben dem Wasserrad ist auch der Mahlstein zum Sinnbild der Mühle geworden. Die Qualität war dabei seit jeher von großer Bedeutung, denn von der Beschaffenheit der Steine hing die Mahlgüte ab. Optimale Steine besitzen eine große Härte, zeichnen sich zugleich durch ein poröses Gefüge aus und lassen sich trotzdem leicht bearbeiten. Sandstein war weit verbreitet, wurde aber eher zum Schroten, Ausmahlen der Kleie und Dinkelgerben verwendet. Mahlsteine aus Basalt, Porphyr oder Granit erzeugten bessere Qualitäten. Weltweit berühmt waren die französischen Steine. Die für den Transport oft auch zerlegten Mahlsteinteile wurden im jeweiligen Bestimmungsland von speziellen Mühlsteinfabrikanten mit Gips vereinigt und einem eisernen Reifen umgeben. Die aus einem Stück gearbeiteten waren von höherer Qualität.
Ein Mahlstein dieser Mühle ist ein sogenannter „Franzose“, besteht aus Süßwasserquarz und wurde für höchste Mehlqualitäten eingesetzt. Diese Mahlsteine kamen meist aus La Ferté-sous-Jouarre, daher nennt man sie auch Champagnerstein. Solche Steine waren sehr teuer und die Beschaffung aufwendig. Regelmäßig und gekonnt nachgeschärft, konnten sie bei einer täglichen Arbeitszeit von 15 Stunden aber etwa 35 Jahre lang dienen. Der zweite Mahlgang besteht aus einem Läufer aus Basalt und schließt qualitativ an den Süßwasserquarz an. Sie nützen sich kaum messbar ab und auch ihr Abrieb ist ein feinstes, völlig unbedenkliches und unschädliches Pulver. Daneben war das Schärfen der Steine ein wichtiger Bestandteil des Mahlprozesses. Mit dem „Mahlsteingalgen“ wurde dabei der 6 bis 8 Zentner schwere Läuferstein zur Seite gelegt. Die mit speziellen Hämmern geschlagenen Rillen im Dreiecksquerschnitt führen neben dem Schneiden des Korns auch Luft zur Kühlung zu.
Auf dem Mahlstuhl liegt der untere „Bodenstein“ fest, während sich der etwas kleinere, oben liegende „Läuferstein“, dreht. Die Zarge, eine Verkleidung aus Holz, umfasst den oberen Stein. Auf dieser Abdeckung sitzt ein hölzerner Trichter im Trichterstuhl zusammen mit dem Rüttelschuh, der durch einen Dreischlag auf der Spindelachse zum Rütteln gebracht wird. Durch diese Bewegung wird die entsprechende Menge Getreide aus dem Trichter durch das im oberen Stein angebrachte „Auge“ zugeführt - der Mahlgang wird beschickt, heißt es in der Müllersprache. Das Mahlgut gerät zentral mit Hilfe eines Hohlraumes in den aufeinander liegenden Mahlsteinen zwischen die Steine. Der Spaltabstand zwischen den Steinen ist durch das Hebewerk über die Spindel variabel und wird kleiner als der Durchmesser des Mahlguts eingestellt. Im Idealfall berühren sich die Steine nicht. Durch die Rotationsbewegung des oberen Steines und die ihm aufgebrachte „Steinschärfe“ wird das Mahlgut so gebrochen und zerrieben. Es fällt außen aus dem Mühlsteinspalt heraus, wird in dem den Stein umgebenden Holzmantel gesammelt, über das Mehlrohr in den Mehlkasten abgeführt und durch die sich darin bewegenden Siebe ausgesiebt.
Die Zarge dient außerdem der Einkapselung des Mahlganges, um so den entstehenden Staub und die Feuchtigkeit zurückzuhalten und gegenüber Umgebungseinflüssen zu isolieren. Wenn das Zahnradgetriebe die Bewegung an den Rüttelschuh unter dem Trichter und an die Siebe weitergibt, entsteht das typische Klappern der Mühle...
...am rauschenden Bach
Dort wo das Wasser schnell, mit viel Wucht floss, trieb es ein schmaleres, oberschlächtiges Wasserrad an, wo es langsam und behäbiger floss, ein breites unterschlächtiges. Und dann gab es noch die „Flodermühlen“, deren Wasserrad horizontal lag. Von den Tausenden Mühlen, die es einst gab, ist nur ein Bruchteil übrig geblieben.







Das kleinste Samenkorn trägt das große Ganze in sich...
Friedrich Fröbel
Der Kern der Sache
Den Aufzeichnungen in unseren Mahlbüchern um 1918 kann man entnehmen, dass in dieser Zeit hauptsächlich Mais und Weizen zur Verarbeitung gebracht wurde. Weniger Gerste und Roggen und nur selten Hafer. Nirgends findet sich mehr Dinkel wie zu Beginn der Geschichte der Dünser Mühle. Als Urform des heutigen Weizens ging diese Getreideart aus den Wildformen Emmer und Einkorn hervor und war im 18. Jahrhundert ein wichtiges Handelsgetreide. Die genügsame Pflanze, die eigentlich einen geringen Anspruch an den Boden stellt ist jedoch mit schützenden Spelzen umhüllt. Diese machen das Korn zwar wetterhart und kaum anfällig für Schädlinge, müssen nach der Ernte jedoch aufwändig entfernt werden. Außerdem ist das Spelzgetreide schlecht zu verarbeiten und backtechnisch kompliziert. Und da die Ertragsleistung nicht beliebig gesteigert werden konnte, wurde Dinkel von einer Züchtung, die mittlerweile genetisch relativ weit von den in historischen Quellen genannten „Weizen“ entfernt ist, abgelöst. Zu feinstem Mehl und Dunst vermahlen, wurde Weizen vorwiegend für Brot und feine Backwaren verwendet. Die ältesten Nacktweizenfunde stammen aus der Zeit zwischen 7800 und 5200 v. Chr. Damit ist Weizen nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Doch lange blieb der Anbau hinter dem der Getreidearten Einkorn, Emmer und Gerste zurück. Erst durch das Weißbrot, das ab dem 11. Jahrhundert in Mode kam, etablierte sich der Weizen.
Von Kolumbus nach Spanien gebracht, entwickelte sich mit den schönen, goldgelben Maiskörnern bald von Venedig aus ein schwunghafter Handel in die östlichen Regionen des Mittelmeeres. Zurück nach Italien kam Mais als „Türken“ = türkischer Weizen. Seit dem 17. Jhdt. gedeiht Mais wegen des feucht-warmen Klimas und durch die Begünstigung des Alpenföhns auch auf kleinen Äckern an den sonnigen Hängen des Walgaus. An der Schwelle zum 19. Jhdt. hatte der Mais im Ganzen genommen den Dinkel, das bis dahin wichtigste traditionelle Getreide Vorarlbergs, jedenfalls überflügelt und sich an die Spitze aller Getreidearten gesetzt. Er wurde damals hauptsächlich zu Grieß verarbeitet. Der daraus gekochte „Riebl“ ist einfach aber sättigend und war daher neben dem „Grießmus“ eine tägliche Mahlzeit der einfachen Leute.
Roggen ist sehr pflegeleicht, ohne besondere Ansprüche an Boden oder Wetter und war deshalb speziell auch für Bergregionen geeignet. Roggenmehl hält Feuchtigkeit länger als Weizenmehl und wegen seines geringen Kleber-gehaltes mischte man es oft mit anderen Brotgetreiden, um daraus haltbare Sauerteigbrote zu backen. Damals wie heute wird Roggenbrot als schmackhaftes „Volksbrot“ geschätzt und das Korn galt auch als wertvolles Viehfutter.
Auch die Gerste gedeiht gut in hohen Lagen da sie sehr robust ist und auch harte Winter überlebt. Von der wilden Gerste abstammend, wurde dieses Getreide vermutlich am frühesten von allen Getreidearten in Kultur genommen. Daraus stellte man zwar kein Brot her, da das Korn über sehr wenig Backfähigkeit verfügt, dafür aber einen sättigenden Brei und gehaltvolle Suppen und Eintöpfe. Zudem wurde es als ertragreiches Viehfutter geschätzt.
Als fettreichstes Getreide wurde der Hafer als Energielieferant früher sehr geschätzt. Bis sich die Kartoffel im 18. Jhdt. durchzusetzen begann, war Haferbrei sogar eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel in Europa. Da der Hafer aber weniger ertragreich und nicht so einfach zu ernten ist wie Ährengetreide, schenkte man ihm immer weniger Beachtung und so diente Hafer hauptsächlich als Futtermittel. Vermutlich war es auch der Hafer, dessen Samen der Mensch in grauer Vorzeit häufig gesammelt und in seinen Speiseplan integriert hat, ohne ihn gezielt anzubauen. Daher ist der Hafer jene Getreideart, die ganz zuletzt Opfer der menschlichen Züchtung wurde, so dass er auch heute noch zu den ursprünglichsten Gräsersamen gehören dürfte.
In alten Zeiten verwendeten Hebammen das Mutterkorn zur Beschleunigung der Geburt oder gar für Abtreibungen, daher der deutsche Name. Die in der länglichen, kornähnlichen Dauerform des Mutterkornpilzes enthaltenen Alkaloide sind jedoch hochgiftig und besonders kurz vor der Ernte können bereits kleine Mengen tödlich sein. Häufig betroffen ist dabei Roggen, weil er als Fremdbefruchter lange offen blüht, um fremde Pollen aufzufangen. Ein nasses Frühjahr und ein heißer Sommer, eigentlich schlecht für den Ertrag, begünstigt den todbringenden Pilz. Und so kam es, dass im frühen Mittelalter in Zeiten schlechter Ernte das Getreide besonders verunreinigt war. Und gerade nach Hungerperioden, wenn frisch geernteter Roggen sofort verzehrt wurde, führte die Verseuchung von Brotgetreide mit Mutterkorn zu verheerenden Epidemien.
Die zuerst für eine ansteckende Krankheit gehaltene „Kriebelkrankheit“ – der mittelalterliche Name beinhaltet das „Kribbeln“ der Gliedmaßen, dass ihr Absterben ankündigt, wurde auch „Antoniusfeuer“ genannt, da sich besonders der Orden des heiligen Antonius der Erkrankten annahm. Aufgrund der sorgfältigen Ernährung, die sie in deren Obhut erhielten, gesundeten tatsächlich viele. Aber erst im 17. Jahrhundert erkannte man den Zusammenhang der Krankheit mit dem Getreidepilz und man sprach auch vom Mutterkornbrand. Mitte des 18. Jahrhunderts ergriff der Gesetzgeber dann gesundheitspolitische Maßnahmen gegen den Verzehr des verunreinigten Getreides.
Nachdem die Ursache der Vergiftung erkannt worden war, begann man auch die Wirkstoffe des Mutterkorns - Ergotalkaloide - zu erforschen und medizinisch einzusetzen. Denn bekanntlich macht die Dosis das Gift. Beispielsweise blutstillend nach der Geburt oder gegen niedrigen Blutdruck und Schwindel nach dem Aufstehen oder Migräne. Ebenso kann aus dem Pilz Lysergsäure gewonnen werden, aus der wiederum die Droge LSD hergestellt wird. Nach Hofmann und Wasson (1978 The Road to Eleusis) war allerdings schon 2000 Jahre vor Christus bekannt, dass nur die natürlich vorhandenen psychoaktiven Lysergsäurealkaloide wasserlöslich waren, und es wurden damit berauschende Getränke gebraut, die die unerwünschten Effekte der anderen Alkaloide umgehen.
Den Brüdern Grimm zufolge könnte der Name Mutterkorn aber auch mit den alten volkstümlichen Bezeichnungen „Kornmutter“ und „Roggenmutter“ für Winde, die Kornfelder zum Wogen bringen und bewirken sollen, dass dort Mutterkorn wächst, zusammen hängen.
Im Wogen des Korns wurde in alten Zeiten nämlich oft die Anwesenheit eines Korndämons gesehen. Neben dieser indirekten Erscheinungsform gibt es auch wesentlich konkretere Vorstellungen über ihre Gestalt. Diese reichen von menschlicher bis zu tierischer Gestalt, können sowohl männlich als auch weiblich sein und treten unter vielerlei Namen auf. Korndämonen wie die Kornmutter haben ihren Ursprung in früheren Vegetationsgöttern agrarisch orientierter Völker. Sie wurden angebetet, damit sie die Feldfrüchte schützen und fördern. Die Anfänge von Erntebräuchen verlieren sich jedoch oft im Dunkel der Geschichte, auch wenn es in historischen Quellen manchmal eine erste schriftliche Erwähnung gibt. Bereits in frühchristlichen Konzilen wurde diese Naturverehrung verunglimpft, als „heidnisch“ diffamiert und Menschen, die die Naturreligion weiterhin pflegten, mit üblen Strafen verfolgt oder gar zum Tode verurteilt. Trotz aller Drohungen ließ man jedoch noch lange nicht vom alten Glauben mit seinen Riten ab. Eine Erinnerung an Opfergaben für solche Naturgeister dürfte sich auch in den Alpenregionen bis in die Neuzeit erhalten haben, denn der Korngeist als letzte Garbe war noch lange ein urtümlicher Erntebrauch, verknüpft mit Ritualen und mythischen Geschichten. Dabei wurden bei der Ernte die letzten Ähren zusammengebunden und verblieben auf dem Feld. In diesen Gebinden sah man früher den Geist des Kornfeldes versinnbildlicht. Im Lauf der Zeit verschwand jedoch die ursprüngliche Bedeutung und durch das Christentum wurden Korngeister dämonisiert. Sie dienten nun als Schreckgestalt der deutschen Sage dazu, Kinder vom Betreten und Zerstören der reifenden Felder abzuhalten. Geschichten über Korngeister kamen so auf literarischem Weg auch in den alemannischen Raum zurück und verschmolzen mit den Erzählungen über die verbliebenen Alpgeister.








Laß stehn die Blume! Geh nicht ins Korn! Die Roggenmuhme Zieht um da vorn! Bald duckt sie nieder, Bald guckt sie wieder: Sie wird die Kinder fangen, Die nach den Blumen langen! August Kopisch 1799 - 1853
heißt der Müllergruß und hat seinen Ursprung in der Zeit, als die freigesprochenen Müllergesellen auf Wanderschaft gingen und das Glück von Mühle zu Mühle trugen. Auf der Wanderschaft gab es bestimmte Rituale, zu denen auch die Begrüßung zählte. Der Glückwunsch sollte Müller und Mühle vor Unheil bewahren, bedeutete aber auch „Glück zu auf allen Wegen!“ - sowohl bei der unsicheren Wanderschaft als auch eine glückliche Hand im Umgang mit der Mühlentechnik. Der Gruß wurde somit auch zum Abschied gesprochen, wenn der Müllerbursche zur nächsten Mühle weiterzog.
Glück konnte auch der Müller selbst gut gebrauchen. Hochwasser drohte dem Anwesen, Mühlsteine konnten sich im schnellen Lauf erhitzen und sogar auseinanderreißen und Antriebsräder konnten brechen, denn alles unterlag ständig einer hohen Beanspruchung. Auch der Arbeitsalltag war schwer. Es wurde gearbeitet, wenn es die Bedingungen zuließen. Tag und Nacht, auch an Sonn- und Feiertagen, wo sonst die Arbeit ruhte, Zwangspausen drohten immer. Der Sommer ließ das Wasser knapp werden, der Winter ließ es zu Eis erstarren.
Einer der größten Feinde des Müllers aber war der Bär...so wurde eine Verstopfung in den verwinkelten Holzrohren genannt, durch die das Mahlgut abgeleitet wurde. Ein „Bär“ in der Mühle hatte nicht selten verhängnisvolle Folgen. Schaffte es der Müller nicht rechtzeitig, das Rohr wieder freizumachen und den Bären auszutreiben, konnte es passieren, dass das Holz durch die Reibung Feuer fing und die ganze Mühle abbrannte. Ebenso der ständig vorhandene feine Mehlstaub, der durch Selbstentzündung explodieren konnte. So hat der Müller im Laufe von Generationen einen geschärften Sinn entwickelt, um aus der vielfältigen Geräuschkulisse von Rütteln und Schütteln, Klappern, Knarren, Knattern, Knirschen, Ächzen, Brummen, Heulen, Rauschen, Klopfen und Summen Gefahren und Abnormalitäten zu erkennen.
Auch glaubte man noch lange Zeit, Gefahren durch Anbetung der Schutzheiligen abhalten zu können. Das am Montanastbach neben der Mühle stehende Bildstöckle ist dem heiligen Johannes von Nepomuk gewidmet. Er ist einer der wenigen Heiligen, der durch seine verbreitete Präsenz im Land doch noch vielen Menschen einigermaßen geläufig ist. Zum Schützer in Wassergefahren prädestinierte ihn das Ende seines Martyriums, sein Tod durch Ertränken in der Moldau.
Um 1350 wurde Johannes Welflin (auch Wölflin) im böhmischen Pomuk (tschechisch Nepomuk) als Sohn eines wahrscheinlich deutschen Amtsmannes geboren. Er wurde 1370 Kleriker und öffentlicher Notar der erz- bischöflichen Gerichtskanzlei in Prag, 1380 Priester, studierte dann in Prag und Padua die Rechte und war ab 1389 Kanonikus am Prager Dom und Generalvikar des Erzbischofs Johannes von Jenzenstein. Diese Tätigkeit brachte ihn in Konflikt mit König Wenzel IV., der gewaltsam kirchliche Angelegenheiten in seinem Sinne lösen wollte. Der Generalvikar, der als einziger Nichtadeliger in der höheren bischöflichen Verwaltung für den König leichter angreifbar war, wurde gefangen genommen, gefoltert und anschließend von der Karlsbrücke in Prag in die Moldau gestürzt. Zahlreiche Legenden bildeten sich bald, die bekannteste ist wohl jene, dass Johannes von Pomuk als Beichtvater der Königin vom Herrscher zu Tode gebracht wurde, weil er nicht verraten wollte, was dessen Frau gebeichtet hatte. Als Zeichen seines Martyriums trägt er oft die Märtyrerpalme. Auch die fünf Sterne, die seinen Nimbus und oft auch die Sockel der Statuen zieren, gehen auf diese Ereignisse zurück. Dort, wo man seinen Leichnam in der Moldau fand, sollen Lichter in Form von Sternen geleuchtet haben.
Der heilige Johannes von Nepomuk galt in der Barockzeit als Helfer in sehr unterschiedlichen Angelegenheiten. Am häufigsten wurde er als Hüter der Ehre und des guten Rufes, als Retter gegen Verleumdung angerufen. Heute ist er als Patron gegen Wassergefahren am bekanntesten, wobei er den im Mittelalter dafür „zuständigen“ Nikolaus von Myra weitgehend abgelöst hat. Auf Grund seines Martyriums wurde Johannes von Nepomuk zum Patron der Flüsse, Brücken und aller Berufe, die mit Wasser zu tun hatten...Schiffer, Flößer, Fischer und eben auch dem Müller und seiner Mühle.
Glück zu!

Die Farbe Gold in unsrem Hauswappen soll, wie auch die goldenen Ähren, auf das zu bearbeitende Getreide hinweisen und Ausdruck für das damit verbundene goldene Handwerk sein. Die Farbe Schwarz: ein Merkmal der gesunden und fruchtbaren Erde für eine ertragreiche Kornernte. Die Sonne als Sinnbild für die Lage der Mühle am Sonnenhang des Walgaus. Der Löwe als Symbol für die Kraft, die alles in Bewegung setzt. Das halbe Wasserrad als Erkennungszeichen für die historische Mühle, direkt zwischen zwei Bachläufen gelegen. Der gespreizte Zirkel symbolisiert das hohe, technische Wissen, das im alten Müllerhandwerk erforderlich ist. Die Jahreszahl 1363 bezeugt die ersturkundliche Erwähnung der Mühle zu Düns.
Unser Mühlen-Wissen haben wir unter anderem aus den angeführten Quellen zusammen getragen, deren Richtigkeit wir nicht garantieren können ;)
Otto Streng: Unser täglich Brot
Benedikt Bilgeri: Der Getreideanbau im Lande Vorarlberg
Hermann Gleisberg: Das kleine Mühlenbuch
Karin Renold, Franziska Rüttimann, Eva Dietrich: Ohne Mühle kein Brot
Carl Dirnbacher & Regina Danov: Die Dirnbacher Mühle, ein Industriedenkmal zum Anfassen
Kurt Derungs: Die Seele der Alpen
Richard Beitl: Untersuchungen zur Mythologie des Kindes
https://kurier.at/freizeit/mit-der-energie-des-wassers-auf-der-suche-nach-muehlen-in-oesterreich
http://www.muehlenreise.at/allgemeines/index.html
www.noe-gestalten.at/fachbeitrag/wassermuehlen
https://austriaforum.org/af/Wissenssammlungen/ABC_zur_Volkskunde
https://www.planet-wissen.de/kultur/architektur/muehlen/index.html
http://www.trebnitzgrund.de/Glueck.html
http://www.falkenmuehle.eu/funktionsuebersicht.htm
Eva Gogala, Rezension zum Buch "Alte Mühlen in Österreich"
https://www.bibliothekderprovinz.at/buch/6335/
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